Lange bevor ich daran dachte, Filme zu machen, wollte ich lesen. Ich las schon, bevor ich lesen konnte. Ich schaute mir Buchrücken an, ihre Farben und Titel, und folgte den Buchstaben in der schönen Regelmäßigkeit ihrer abstrakten Ordnung. Und was erst für eine großartige Entdeckung, als ich mit Anfang zwanzig auf einen Schriftsteller namens Peter Handke stieß, der das Licht zwischen den Stengeln eines abgeernteten Feldes in seinen Sätzen aufscheinen lassen kann, dass man sich die Augen reibt, der das Eis in zwischenmenschlichen Beziehungen genau darstellt, die Gefährdung des Ichs, und der die Welt durch seine Sprache erwärmt wie kaum ein anderer.
Mit einer nicht endenden Aufmerksamkeit und Geduld widmet sich dieser ungeduldige Mann seit mehr als fünf Jahrzehnten dem Schreiben. Dabei fällt ihm das Sprechen nicht leicht, zu kostbar und gleichzeitig ungesichert ist das Terrain. Nicht verwunderlich also, dass auch meine Fragen auf die Goldwaage gelegt wurden. Versuch, Widerspruch, neue Versuche.
Es folgten lange Gespräche und die Entdeckung einer Unmenge von Fotos, die Peter Handke in den Siebzigern mit seiner Polaroidkamera gemacht hat, sowie des großartigen Kosmos seiner Notizbücher. Mich faszinierte die Gewissheit, mit der der junge Autor vom Land in den frühen Sechzigern, die Sprachlosigkeit hinter sich ließ, das Wort ergriff und sich in die Mitte der literarischen Welt einschrieb.
Der Film spannt einen großen Bogen vom Portrait des Dichters als junger Mann, der mit einer wilden, provokativen Bestimmtheit seine Aufgabe in der Gesellschaft definierte, und dem Leben des Schriftstellers heute in einer Pariser Vorstadt: das Haus, die kleinen Dinge, Fundstücke und Rituale, stofflich, analog. Hier öffnet sich eine ganze Welt: Handschrift, Sprache, Leben in der Familie und ohne Familie, die Toten und die Lebenden. Der Film erzählt von einer großen Scheu, von ihrer Überwindung, von der Liebe zur Literatur und der immer akuten Frage, die uns die Dichter seit Tausenden von Jahren stellen: Wie wollen wir leben?